Wenn man einen Rechner beispielsweise als Server dauerhaft betreiben möchte, besteht oftmals bei Benutzung eines normalen ATX-Netzteils das Problem, dass sich der Rechner nach einem Stromausfall nicht mehr selbst wieder einschaltet. Einigen Mainboards kann man so eine Funktion zwar mit Hilfe des BIOS-Setups beibringen, aber das beherrschen bei weitem nicht alle Rechner.
Ein ATX-Netzteil wird normalerweise vom Mainboard gesteuert. Dazu produziert das Netzteil eine sogenannte Standby-Spannung von 5V, sobald die Netzspannung anliegt. Diese Standby-Spannung steuert nun eine kleine Schaltung auf dem Mainboard, an die auch der Einschaltknopf des Gehäuses angeschlossen ist. Drückt man auf diesen Knopf, wird durch diese Schaltung die Power-On-Leitung des Netzteils auf Masse gelegt, was dann wiederum das Netzteil dazu veranlasst, sich vollständig einzuschalten. Dadurch werden dann alle Systemspannungen aktiviert. Solange also das Mainboard nicht die Power-On-Leitung auf Masse legt, passiert gar nichts. Wie gesagt gibt es Mainboards, die erkennen die Standby-Spannung und schalten dann je nach BIOS-Einstellung das Netzteil vollständig ein. Hat man aber kein solches Mainboard, bleibt nach dem Einschalten der Netzspannung der Rechner zunächst erstmal aus.
Um diesem Problem zu begegnen, findet man im Internet die verschiedensten Lösungsansätze. Der am häufigsten genannte besteht darin, mittels einer Drahtbrücke die Power-On-Leitung des Netzteils (üblicherweise grün) mit einer Masseleitung (meißt schwarz) zu verbinden. Das funktioniert im Prinzip auch, hat aber den Nachteil, dass damit einerseits die normale Ein- und Ausschaltmimik des Mainboards nicht mehr funktioniert. Ausserdem kann man sich damit auch dauerhaft den Ausgangstreiber der entsprechenden Ansteuerlogik und damit das Mainboard zerstören.
Deshalb habe ich mir diese kleine Schaltung entwickelt:
Diese Schaltung wird an die Standby-Leitung des Netzteils
angeschlossen. Auf der anderen Seite wird sie mit dem
Anschluss auf dem Mainboard verbunden, an den normalerweise
der Einschaltknopf angeschlossen wird. Wenn man möchte,
kann man die Leitung des Gehäusetasters auch noch
an die Schaltung anschließen, so daß seine
normale Funktion erhalten bleibt.
Die Schaltung funktioniert eigentlich ganz einfach: Sobald die Netzspannung am Netzteil anliegt, produziert dieses die Standby-Spannung. Diese Spannung lädt den Kondensator C1 über R1 auf. Hat die Spannung die Schaltschwelle des NE555 überschritten, schaltet dieser seinen Open-Collector-Ausgang an Pin 7 (Discharge) durch, und der Mainboard-Eingang wird wie bei einem echten Tastendruck auf Masse gelegt. Normalerweise befindet sich auf dem Mainboard an diesem Eingang ein M/S-Flipflop (74F74 oder ähnliches), das nur auf die negative Flanke des Eingangssignals reagiert. Der Pin bleibt natürlich im Gegensatz zu einem echten Tastendruck dauerhaft auf Masse liegen, was aber das Eingangs-Flipflop nicht weiter stört. Über X3 kann man den Gehäuse-Taster anschließen. Drückt man auf den Taster, wird C1 entladen, und nach der erneut anlaufenden Ladezeit entsteht wieder eine negative Flanke am Mainboard-Eingang. Diesmal führt diese Flanke dann zum Ausschalten des Rechners. Insofern bleibt die Funktion des Ein-/Aus-Knopfes am Gehäuse trotz der Auto-Ein-Schaltung normal erhalten. Die Bauteile sind so dimensioniert, dass sich durch den NE555 eine Verzögerung von etwa einer halben Sekunde ergibt. Das ist mehr als genug, um eine negative Schaltflanke für den Mainboard-Eingang zu erzeugen. Warum wird nicht der normale Ausgang des NE555 am Pin 3 benutzt? Dieser Pin ist kein Open-Kollektor-Ausgang, so dass im High-Zustand ein Strom zum Mainboard fließen würde. Dies ist nicht nur unnötig, sondern kann eventuell auch zu einer Beschädigung des Mainboards führen, wenn der Eingang doch anders beschaltet ist als oben beschrieben.
Der Aufbau der Schaltung ist ziemlich einfach. Ich habe mir
die paar Bauteile immer aus der Grabbelkiste geholt. Die
Bauteilwerte sind ziemlich unkritisch, und ein paar Kiloohm
oder Mikrofarad mehr oder weniger schaden nicht. Am schnellsten
baut man sich das ganze auf einer Lochrasterplatine auf. Wer
aber dennoch unbedingt eine Platine ätzen möchte,
dem habe ich hier mal einen Entwurf vorbereitet:
Man sollte aber darauf achten, dass diese Bilder um den Faktor
fünf vergrößert sind. Außerdem möchte
ich darauf hinweisen, daß ich weder Zeit noch Lust habe,
diese Platinen für irgendjemanden herzustellen. Wer den
Entwurf also benutzen möchte, tut dies auf eigene Verantwortung
und mit eigenem Arbeitseinsatz.
Der Einbau in den Rechner ist nicht weiter schwierig. Ich habe
hier mal ein paar Bilder aus einem Thin-Client-Rechner gemacht,
an denen man den Einbau gut erkennen kann. Zunächst einmal
muss man am Power-On-Anschluss des Mainboards mit einem Multimeter
nachmessen, welcher der beiden Pins an Masse liegt. Im Gegensatz
zu einem echten Taster kann man nämlich die obige Schaltung
nicht einfach beliebig herum an das Mainboard anschließen.
Dann trennt man die Standby-Leitung und eine Masseleitung am
Netzteil auf, setzt eine Lüsterklemme dazwischen und
schließt dann die Schaltung daran an:
Dann schraubt man sich das Platinchen irgendwo im Gehäse
fest und verbindet die Ausgangsleitung richtig herum gepolt
mit dem Mainboard. Außerdem kann man den Gehäusetaster
noch anschließen, wenn man möchte. Das ganze sieht
dann im Beispielrechner so aus (leider etwas unscharf):
Nun noch das Netzkabel eingesteckt, und der Rechner sollte
von alleine anlaufen.
Wichtiger Hinweis: Der Nachbau dieser Schaltung geschieht auf eigene Verantwortung. Der Autor dieser Seite übernimmt keinerlei Haftung, insbesondere nicht dafür, dass die oben genannte Schaltung wie beschrieben funktioniert. Es wird auch keine Haftung für eventuell durch diese Schaltung entstandene Schäden übernommen.